Verdachtslehre
Ein Verdacht liegt vor, wenn bei vernünftiger Betrachtung von Sachverhalten die begründete Annahme entsteht, dass ein kriminalistisch relevantes Ereignis vorliegt.
- Verdacht ist eine kriminalistische Annahme/Überzeugung, die stets einer Überprüfung und Absicherung bedarf
- Verdacht ist Grundlage und Ausgangspunkt polizeilichen Handelns
- Zu einer Vielzahl von strafprozessualen Maßnahmen sind Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte nur berechtigt, wenn ein entsprechender Tatverdacht besteht.
Verdacht
- ist der Anfang vom Ende der Latenz
- ist bezogen auf eine Straftat als auch auf die Täterschaft
- ist Grundlage kriminalistischen Denkens
- beruht auf Wahrnehmung und Bewertung von Informationen
- ist häufigster Auslöser kriminalistischer Arbeit
Im Strafverfahren spielen unterschiedliche Verdachtsstufen eine bedeutende Rolle, manche bilden eine Grundlage für polizeiliche Eingriffsmaßnahmen, wie der Anfangsverdacht einer Straftat oder der dringenden Tatverdacht, manche bilden eine Grundlage für bestimmte Entscheidungen innerhalb des Strafverfahrens, wie der hinreichende oder der überzeugende Verdacht. Auch gibt es Verdachtsstufen unterhalb des Anfangsverdachts, die bereits ein Tätigwerden von Ermittlungsbehörden erfordern ohne, dass sich bestimmte Befugnisse zu Grundrechtseingriffen ergeben.
Die besondere Prüfung eines Anfangsverdachts ist vor allem bei unmittelbar bei der Staatsanwaltschaft eingehenden Strafanzeigen von Privatpersonen veranlasst. Im Übrigen kann es einer derartigen Prüfung insbesondere aufgrund von Medienveröffentlichungen bedürfen. Gehen indes Anzeigen von Amts wegen von der Polizei bei der Staatsanwaltschaft ein und ist dem Vorgang zu entnehmen, dass ein Polizeibeamter als Hilfsbeamter der Staatsanwaltschaft auf der Grundlage des § 163 Abs. 1 StPO bereits einen Anfangsverdacht bejaht und Ermittlungen durchgeführt hat, ist es dem nun mit der Sache befassten Staatsanwalt verwehrt, diese Entscheidung rückgängig zu machen. Vielmehr hat er das bereits eingeleitete Ermittlungsverfahren unverzüglich gemäß § 170 Abs. 2 StPO mangels hinreichenden Tatverdachts einzustellen, falls er bereits einen Anfangsverdacht verneint hätte.
All diese Verdachtsstufen müssen auf tatsächlichen Anhaltspunkten und Informationen basieren, die im Rahmen der Ermittlungstätigkeit auf dem dafür vorgesehenen rechtsstaatlichen Wege zu beschaffen sind.
Weiterführende Informationen:
Die Verdachtsstufen (Präsentation)
"Das stimmt doch hinten und vorne nicht!" :
Begründung und Überprüfung von Verdacht am Beispiel einer Mordermittlung
Reichertz, Jo
Wie entsteht Verdacht im polizeilichen Alltag
Erscheinungsbild und intuitive Wahrnehmung!Professor Dr. Joachim Kersten geht der Frage nach: Wie entsteht der Verdacht?